Industrie

Geld regiert die (Fitness-)Welt

Inkasso, Versicherungsschutz und Leasing sehen viele Fitnessstudiobetreiber weniger als ihre Kernkompetenz, sondern eher als mühselig an. Inwiefern Betreiber von einer Zusammenarbeit mit besagten Dienstleistern profitieren können und was es zu beachten gilt – dazu haben wir einige Experten befragt.

Das Wichtigste in Kürze:

  • Im Mahnwesen steht insbesondere die Kundenbeziehung mit dem säumigen Mitglied im Vordergrund. Dafür haben die Anbieter eigene Online-Portale und geschulte Mitarbeiter.
  • Bezogen auf die Finanzierung von Geräten sind zurzeit der Mietkauf und Leasingmodelle besonders beliebt.
  • Der Vorteil vom Leasing ist, dass trotz steigender Inflation die Raten bis zum Vertragsende gleich bleiben. Dies sorgt für Planbarkeit und Sicherheit.
  • Bei der Versicherung der eigenen Anlage sollte man sich an Versicherungsexperten mit Spezialisierung auf die Fitness- und Gesundheitsbranche wenden.

Portrait von Tobias Domnowski, Geschäftsführer debifit

Tobias Domnowski, Geschäftsführer debifit

Wie sieht ein Inkassoprozess aus? Wie erfolgt die Kommunikation mit den Studiomitgliedern?

„Entscheidend im Inkassoprozess ist es, wie man im Mahnwesen mit dem säumigen Mitglied umgeht. Denn auch im Fitnessbereich ist es wichtig, die Kundenbeziehung zu erhalten. Wir kontaktieren die Mitglieder deshalb auf den digitalen Kanälen, die sie ohnehin täglich nutzen, also per E-Mail, SMS oder Telefon. Dabei immer mit einer individuellen Ansprache und freundlichen Formulierungen, ohne das Ziel aus den Augen zu verlieren: den Erfolg für das Studio.

Die Kunden erhalten einen personalisierten Link, der in unser intelligentes und mehrsprachiges Online-Schuldnerportal führt. Sie loggen sich einfach ein und sehen detaillierte Informationen. Was aber noch viel wichtiger ist: Mitglieder können komplett im Self-Service und einfach online eine Ratenzahlung vereinbaren oder ohne Medienbruch sofort über PayPal, Sofort-Überweisung oder SEPA-Lastschrift bezahlen. Das spart Zeit, Geld und Nerven. Und der Erfolg kann sich sehen lassen: Über ein Viertel aller im Portal angemeldeten Schuldner bezahlen direkt oder vereinbaren eine Ratenzahlung.“

Portrait von Alexander Kraut, Leitung Vertrieb KOHL GmbH & Co. KG

Alexander Kraut, Leitung Vertrieb KOHL GmbH & Co. KG

Warum ist die Wahrscheinlichkeit hoch, dass ein Inkassounternehmen mehr Geld aus offenen Mitgliedsbeiträgen generiert, als wenn sich Studios selbst darum kümmern?

„Für ein Inkassounternehmen ist der Einzug offener Mitgliedsbeiträge das Kerngeschäft. Alle Abläufe im Unternehmen sind, im Gegensatz zu einem Fitnessstudio, darauf ausgelegt, die offene Forderung einzuziehen. Dafür steht dem Inkassounternehmen nicht nur geschultes Personal zur Verfügung, sondern vor allem auch die Technik und die Infrastruktur. Adressermittlungen, aktive Telefonate, Überwachung von Zahlungen, Kontaktmöglichkeiten auf sämtlichen Kommunikationskanälen zum Mitglied – all das sind Punkte, auf die sich ein Inkassounternehmen in der Fitnessbranche spezialisiert hat.

Hinzu kommt, dass ein Dienstleister im Einzelfall, ohne die Emotionen des Studiomitarbeiters, immer neutral und deeskalierend Einfluss nimmt. Zu guter Letzt kommen in der Prozesskette noch die rechtlichen Mittel dazu, die einem Inkassobüro ermöglichen, auch gerichtlich erfolgreich zu sein. Wichtig ist dabei aber immer, dass das Inkassounternehmen die Fitnessbranche, deren Studiobetreiber und Mitglieder, auch versteht.“

Portrait von René Hinrichs, Senior Sales Manager bei Lowell

René Hinrichs, Senior Sales Manager bei Lowell

Warum lohnt sich für Fitnessstudios die Zusammenarbeit mit einem Inkasso-Anbieter?

„Weil Inkasso-Dienstleister einen echten Mehrwert bringen, und zwar für jeden Fitnessstudiobetreiber – unabhängig von Mitgliederzahl, Zielgruppe oder Region. Wir ermöglichen es unseren Kunden, sich auf ihr Kerngeschäft zu konzentrieren, indem wir die juristisch oftmals komplizierten Prozesse und die reputativ nicht immer einfache Kommunikation mit den Kunden übernehmen.

Greifen Studiobetreiber auf Inkasso-Dienstleister zurück, verbessern sie ihre Liquidität und schonen ihre Reputation und nicht zuletzt auch ihre Nerven. Die Mitarbeiter können sich damit auf ihre eigentlichen Tätigkeiten konzentrieren, wodurch auch deren Zufriedenheit gesteigert wird. Eine gute Betreuung durch erfahrene Kundenmanager und professionelle Reports runden das Angebot eines guten Inkasso-Dienstleisters ab.“

Portrait von Philipp Kontzler, Geschäftsführer KONTZLER.LEASING

Philipp Kontzler, Geschäftsführer KONTZLER.LEASING

Gibt es in Sachen Leasing derzeit Trends zu beobachten bzw. gibt es Modelle, für die sich Studiobetreiber derzeit vermehrt entscheiden? Falls ja, worauf führen Sie das zurück?

„Die aktuelle Situation im Zinsmarkt wirkt sich natürlich auch auf den Leasingmarkt aus. Fitnessanlagen bzw. betriebswirtschaftliche Auswertungen der Studios sind teilweise noch gezeichnet von der Pandemie. Aktuell bemerken wir dennoch eine starke Nachfrage zu Leasing- sowie Mietkaufverträgen. Aktuell werden viele Möglichkeiten im Leasingmarkt genutzt, von angepassten Laufzeiten, erhöhten Restwerten, Startphasen etc. soweit es die entsprechende Situation und Bonität zulässt. Hintergrund der hohen Nachfrage ist aktuell aus unserer Sicht, dass entsprechende Liquidität geschont und entsprechende steuerliche Vorteile genutzt werden.

Schonung von Liquidität und Sicherung der Eigenmittel wird auch weiterhin eine große Rolle spielen, getreu nach dem Motto ‚cash is king‘. Leasing- und Mietkauf sind in unseren Augen die attraktivsten Finanzierungsformen für die Fitness- und Gesundheitsbranche.“

Portrait von Thorsten Kraft, Managing Director World of Leasing GmbH

Thorsten Kraft, Managing Director World of Leasing GmbH

Hat die gestiegene Inflationsrate Auswirkungen auf das Leasinggeschäft von Fitnessstudiobetreibern, wenn ja, welche?

„Die Europäische Zentralbank möchte der Inflation mit einer Zinserhöhung begegnen. Nach einer langen Niedrig-, bzw. Negativzinsphase nehmen die Banken die erwartete Zinserhöhung bereits vorweg. Dies wirkt sich auf alle Finanzierungen aus, wie auch bereits am Immobilienmarkt ersichtlich ist. Natürlich wirkt sich dies auch auf die Refinanzierung von Leasinggesellschaften aus, die sich üblicherweise über Banken Kapital beschaffen.

Der Drei-Jahres-Swap ist deutlich gestiegen. Kosten für Zinssicherungsgeschäfte haben sich teilweise vervielfacht. Diese gestiegenen Refinanzierungskosten verteuern leider auch das Leasinggeschäft. Gerade unsere nach Corona schwach bewertete Branche wird mit starken Konditionsanpassungen bzw. Leasingraten zu kämpfen haben. Gegenläufig könnte die wirtschaftliche Unsicherheit den Trend zur Nutzung von Miete/Leasing verstärken, anstatt die Fitnessgeräte zu kaufen. Der Vorteil vom Leasing ist, dass trotz steigender Inflation die Raten gleich bleiben bis zum Vertragsende. Dies sorgt für Planbarkeit und Sicherheit bei den Fitnessstudiobetreibern.“

Portrait von Theodor Tetzlaff, Geschäftsführer Finion Capital GmbH

Theodor Tetzlaff, Geschäftsführer Finion Capital GmbH

Die Digitalisierung schreitet in Fitnessclubs auch in der Verwaltung immer weiter voran. Inwiefern kann Ihr Unternehmen dieser Entwicklung standhalten?

„Finion selbst ist ein vollständig digitales Unternehmen. Wir arbeiten in der Cloud und sind dadurch maximal skalierbar, sicher und flexibel. Unsere Experten besitzen eine hohe Tech-Kompetenz und wissen digitale Payment-Prozesse zu entwickeln und damit zu arbeiten, um den bestmöglichen Service für Fitnessanbieter zu schaffen. Deshalb arbeiten wir auch mit vollautomatischen Schnittstellen. Finion ist z. B. tief in die Magicline, Europas führender Fitnessstudio-Software, integriert. Dadurch wird das Beitragsmanagement von Studios deutlich einfacher und der Cashflow steigt. Aber auch eine Schnittstelle zum Inkasso bieten wir an, um offene Forderungen schneller aus der Welt zu schaffen.”

Portrait von Bogna Stöckner, Gothaer Allgemeine Versicherung AG

Bogna Stöckner, Gothaer Allgemeine Versicherung AG

Wie sieht der perfekte Versicherungsschutz für ein Fitnessstudio aus? Was sollten Betreiber beachten?

„Versicherungsangebote für Fitnessbetriebe. Das kann jeder! – Wirklich? Zum Thema Betriebsversicherungen heißt es oftmals: „Ich zahle jetzt Summe X. Können Sie das unterbieten?“ Und nicht: „Ich habe jetzt folgenden Versicherungsschutz. Können Sie diesen zu einem vergleichbaren Preis oder einen besseren Schutz zu einem dann adäquaten Preis anbieten?“ Und auch nicht: „Bitte prüfen Sie, ob ich überhaupt korrekt versichert bin.“

Führt man sich vor Augen, dass insbesondere Einzelanbieter in der Fitnessbranche sich über das Leistungsspektrum ihres Unternehmens und nicht ausschließlich über den Preis positionieren wollen, wirkt das dann ziemlich unverständlich und ist ein riskantes Unterfangen, denn es geht um die Existenz des Unternehmens, des Inhabers und seiner Mitarbeiter.

Zu empfehlen ist, sich an spezialisierte Versicherungsexperten zu wenden, die ein ausführliches Gespräch vor Ort führen, den Betrieb besichtigen, insbesondere Tipps zum Thema Brandschutzmaßnahmen für den Sauna-
bereich geben, alle vorhandenen Risiken erfassen und daraus den entsprechenden Versicherungsschutz ableiten.“

Portrait von Heiko Burry, Versicherungsmakler Spezialist Sport, Fitness, Gesundheit

Heiko Burry, Versicherungsmakler Spezialist Sport, Fitness, Gesundheit

Welche Fehler begehen Fitnessclubbetreiber häufig beim Thema Versicherungsschutz und wie können diese vermieden werden?

„Einer der größten Fehler ist, einen Berater zu beauftragen, der keine Spezialisierung im Bereich Fitness hat. Viele Studiobetreiber wählen gerade am Anfang die vermeintlich einfachste Lösung und wählen irgendeinen Versicherungsberater, der bei ihnen „ums Eck“ ist. Aber diesen Maklern fehlt das Wissen über die Branche.

Niemand geht bei Zahnschmerzen zum Hausarzt. Man sucht sich natürlich einen Spezialisten. Und das sollte auch bei Versicherungen selbstverständlich sein. Leider verlassen sich viele Fitnessstudiobetreiber immer noch auf ihr Gefühl statt auf Zahlen und Fakten. Sie denken, irgendetwas abzuschließen wird schon reichen. Das kann fatal enden – bis zur Insolvenz. Ob der Versicherungsschutz passt, sieht man immer erst im Schadens- oder Leistungsfall. Aber dann ist es oftmals schon zu spät.

Meine Tipps: Einen unabhängigen Berater wählen, der sich im Bereich Sport und Fitness auskennt. Man sollte sich nicht von einem schicken Anzug blenden lassen, sondern auf Kundenreferenzen und Praxiserfahrung achten. So bekommt man den bestmöglichen Versicherungsschutz.“
 

Bildquelle Header: © Tanja Esser - stock.adobe.com

Der Autor

  • Constantin Wilser

    Constantin Wilser ist seit 2006 in der Fitnessbranche als Redakteur tätig. Davor absolvierte er sein Bachelor-Studium der Sportwissenschaften am KIT in Karlsruhe. Seit 2019 ist er Bestandteil des BODYMEDIA-Redaktionsteams. Seit Anfang 2023 ist er Chefredakteur. In seiner Freizeit trainiert der Fußball-Fan gerne im Studio, geht laufen oder fiebert im Fußball-Stadion mit.

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