Design

„Weniger ist mehr!“

Was gilt es bei der Studioplanung von neuen Anlagen oder beim Um- und Ausbau zu beachten? Wie unterscheiden sich international die Vorstellungen der Betreiber? Darüber haben wir mit Omar Khayet, einem libanesischen Innenarchitekten, gesprochen, der sich auf Fitness- und Wellnesseinrichtungen spezialisiert hat.

BODYMEDIA: Wie sieht Ihrer Meinung nach der perfekte Arbeitsablauf bei der Planung einer Fitness- bzw. Wellnessanlage aus?

Omar Khayat: Das Verständnis für den Kunden und vor allem für den Standort des Projekts hat beim Arbeitsablauf oberste Priorität. Kunden, z. B. in den Golfstaaten, haben eine ganz andere Vorstellung davon, wie eine Fitness- und Wellnesseinrichtung aussehen sollte, als das bei Europäern oder dem Rest der Welt der Fall ist.

Ein weiterer wichtiger Faktor, den es zu berücksichtigen gilt, ist die Kenntnis über die jeweilige Kultur. In einigen Regionen werden viele Faktoren anders betrachtet, wie z. B. das Design, die Trennung der Studiobereiche nach Geschlechtern inklusive separatem Zugang zum Studio. In einigen Ländern wird zudem erwartet, dass es einen zusätzlichen Empfangsbereich für VIP-Gäste gibt.

Zudem muss der Designer bei der Gestaltung einige wichtige Standards beachten. Im Studio gibt es z. B. Bereiche mit schneller und lauter Musik, dann gibt es Kursräume, wo eine ruhige Atmosphäre bevorzugt wird. Ich habe viele Fitnessstudios gesehen, wo dies nicht berücksichtigt wurde und große Fehler bei der Raumaufteilung begangen wurden. Ein No-Go ist etwa, wenn die Besucher über die gesamte Trainingsfläche laufen müssen, um zu den Umkleiden und Duschen zu gelangen.

Schöne Spa- und Wellnessbereiche entwerfen kann meiner Meinung nach jeder Designer. Allerdings darf die Funktionalität keinesfalls zu kurz kommen. Fragen wie, wo der Technikraum und die Zugänge hinter dem Haus platziert werden müssen, um die Wartung zu erleichtern, ohne das Entspannungserlebnis der Kunden zu stören, sind mindestens genauso wichtig.

Ein sehr wichtiger Aspekt bei der Planung ist die Marktstudie, in der das Angebot der Konkurrenz, das Einzugsgebiet, die Zielgruppen und Preise untersucht werden. Das Verständnis für den jeweiligen Standort, den Service und den Preis ist ebenfalls von entscheidender Bedeutung, um die Höhe des Budgets zu bestimmen.


Der Raum darf nicht mit Geräten überfüllt werden. Das Schaffen von verschiedenen Themenwelten mit entsprechenden Farbkonzepten ist ein absolutes Muss (Bildquelle: OMNIFIC)

BODYMEDIA: Ist es schwerer, einen komplett neuen Standort zu planen oder ein vorhandenes Studio umzubauen? Welche Herausforderungen bringen beide Varianten mit sich?

Omar Khayat: Beides hat bei der Planung und Gestaltung seine Vor- und Nachteile. Die Renovierung oder der Umbau kann manchmal weniger kosteneffizient sein als der Bau einer neuen Anlage. Was sehr wichtig ist, aber viele Kunden vergessen, ist, die Gebäudelast, egal ob Alt- oder Neubau, immer von einem Statiker prüfen zu lassen. Die Lastverteilung muss zwingend vor der Eröffnung eines Studios untersucht werden. Nur dann ist klar, ob das Projekt machbar ist oder nicht.

Die Herausforderung bei einer neuen Anlage besteht in erster Linie darin, einen geeigneten Standort zu finden. Bei Neubauten ist es zumeist einfacher, die Räume nach den jeweiligen Vorstellungen zu gestalten und mit der Ausstattung zu spielen, was für den Kunden weniger Probleme und für den Innenarchitekten weniger Kopfschmerzen bedeutet.

Bei bestehenden Gebäuden bzw. Umbauten sind häufig der Einbau von Sanitäreinrichtungen und das Gewicht der Trainingsgeräte eine echte Herausforderung. Ein weiterer Faktor, den wir ebenfalls als problematisch erachten, ist die Anordnung von strukturellen Säulen, die dazu neigen, ein Raster zu bilden und manchmal den Raum und die Funktionalität einzuschränken.

BODYMEDIA: Sie betreuen Kunden auf der ganzen Welt. Welche Trends sind derzeit in Sachen Design und Interior bei Fitnessstudios angesagt?

Omar Khayat: Die aktuellen Trends für Fitnessstudios variieren je nach Standort, Budget und Angebot und Art des Studios. Da das Zeitalter von digitalen Räumen anbricht, ist immer häufiger eine Mischung aus industriellem Look und moderner LED-Beleuchtung in Böden, Decken und Wänden zu sehen. Tablets und Touchscreens in Kombination mit Kardiogeräten und riesige Bildschirme an den Wänden sind im Vergleich zu früher mittlerweile Standard, genauso wie schicke Loungebereiche.

BODYMEDIA: Inwiefern unterscheiden sich die Erwartungen und Vorstellungen speziell der Fitnessstudiobetreiber in den jeweiligen Ländern? Können Sie das anhand von Beispielen verdeutlichen?

Omar Khayat: Der größte Unterschied zwischen den Ländern liegt bei den Vorstellungen bezüglich der Raum- und Anlagegröße. Insbesondere in den Ländern der Golfstaaten sind einzelne Studiobereiche in der Regel größer als in Europa.

BODYMEDIA: Welche generellen Dos and Don’ts gilt es bei der Planung einer Fitnessanlage unbedingt zu beachten?

Omar Khayat: Wichtig ist, es nicht zu übertreiben, in jeglicher Hinsicht! Der Raum darf nicht überfüllt werden. Er muss atmen können. Betreiber sollten sich klarmachen, dass es nicht darauf ankommt, mehr Geräte als andere zu haben. Hygiene ist der wichtigste Aspekt, der in allen Bereichen des Studios eingehalten werden muss. Das Schaffen von verschiedenen Themenwelten mit entsprechenden Farbkonzepten ist ein absolutes Muss. Nur so kann man den Eindruck eines zu bunten Clubs mit nicht zueinander passenden Räumlichkeiten vermeiden.

BODYMEDIA: Was sind typische Themen bei der Planung, bei denen die Meinungen zwischen Betreiber und Architekt bzw. Innenausstatter auseinandergehen? Wie gehen Sie in solchen Fällen vor?

Omar Khayat: Die Raumgestaltung ist das häufigste Thema, bei dem es zwischen Betreiber und Innenarchitekt zu Differenzen kommt. Die Erwartungen des Betreibers an die Umsetzung und Aspekte der Funktionalität stimmen oft nicht überein. Dem Innenarchitekten stellen sich viele Faktoren in die Quere und vor allem stellen die bauliche Gestaltung des Raumes und die technischen Schächte eine große Hürde dar.

Wie bereits erwähnt, ist bei Fitness- und Wellnessbereichen nicht nur das Optische und Haptische von Bedeutung, sondern auch Themen wie Funktion, Technik, spezielle Beleuchtung, Akustik, Beschallung und Bodenbeläge sowie die richtige Kombination und Auswahl an Geräten spielen eine äußerst wichtige Rolle. Hier gilt: Weniger ist mehr!

BODYMEDIA: Vielen Dank für das Interview.

Bildquelle Header: OMNIFIC

Die Autoren

  • Constantin Wilser

    Constantin Wilser ist seit 2006 in der Fitnessbranche als Redakteur tätig. Davor absolvierte er sein Bachelor-Studium der Sportwissenschaften am KIT in Karlsruhe. Seit 2019 ist er Bestandteil des BODYMEDIA-Redaktionsteams. Seit Anfang 2023 ist er Chefredakteur. In seiner Freizeit trainiert der Fußball-Fan gerne im Studio, geht laufen oder fiebert im Fußball-Stadion mit.

  • Omar Khayat

    Omar Khayat ist Innenarchitekt und Gründer sowie Geschäftsführer von OMNIFIC d.o.o. Das Unternehmen führt globale Design-, Beratungs- und Produktdienstleistungen für Inneneinrichtung und Architektur für Fitness- und Wellnesseinrichtungen durch. Omar Khayat verfügt über mehr als 20 Jahre Erfahrung im Nahen Osten, Europa und Afrika. Er setzt die Ideen seiner Kunden in ästhetische und funktionale Designs um. Sein tiefes Verständnis für die technischen Anforderungen und sein umfangreiches Wissen in den Bereichen Design, Konzeptentwicklung, Beratung und Beschaffungsplanung sind der Schlüssel zum Erfolg.

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