Best Practice

So gehen Fitnessstudiobetreiber mit Krisen um

Welche Gefährdung Krisen für Unternehmen darstellen können, haben Corona und die Energiekrise verdeutlicht. Umso wichtiger ist es, in solchen Situationen die richtigen Entscheidungen zu treffen. Wir haben einige Fitnessstudiobetreiber befragt, wie das Krisenmanagement in ihren Unternehmen aussieht.

Nachgefragt bei Alexander Sosa,Geschäftsführer Sports Club

BODYMEDIA: Kann man sich als Unternehmer auf Krisen vorbereiten? Wenn ja, wie?

Alexander Sosa: Ein gutes Krisenmanagement beginnt immer vor einer Krise. Durch die Festlegung von klaren Abläufen und einem guten Controlling ist man für den Ernstfall besser gerüstet.

Wichtig ist immer eine gute Liquidität, um eine kurze Wirtschaftsflaute besser überstehen oder unternehmerische Chancen ergreifen zu können. Das Zauberwort heißt Cashflow oder auch „Cash is king“. Spätestens Corona hat gezeigt, wie leicht ein Unternehmen in die Krise rutschen kann.

Als Corona anfing, haben wir uns so aufgestellt, als würden wir ohne staatliche Hilfen überleben können. Wir haben die Strukturen verschlankt und unsere Abläufe noch tiefer digitalisiert. Als dann die staatlichen Hilfen doch noch kamen, waren wir natürlich froh. In anderen Ländern sind diese Hilfen aber nicht selbstverständlich gewesen.

Neben den Strukturen im Unternehmen gibt es für den Unternehmer natürlich auch die Themen Notfallplan, Vertretungsregelung, Patientenverfügung und Testament. Vieles davon kann man mit seiner Hausbank regeln.
 
BODYMEDIA: Welche Fehler sollten deiner Meinung nach während einer Krise unbedingt vermieden werden?

Alexander Sosa: Neben äußeren Einflüssen wird die Krise im eigenen Unternehmen häufig befördert durch fehlende Strukturen, schlechte Planung, unzureichendes Controlling oder zu wenig Marketing. Ist es etwa um die eigene Liquidität schlecht bestellt, genügt häufig schon eine kurze Wirtschaftsflaute, um ein Unternehmen in Schwierigkeiten zu bringen.

Den Kopf in den Sand zu stecken ist hier jedoch keine Lösung: Sobald die Probleme erkannt werden, gilt es, aktiv zu werden und die Krise zu behandeln und den Turnaround zu schaffen. Meiner Einschätzung nach kommen Filialisten, also größere Ketten, mit Problemen zumeist besser zurecht, weil sie über klarere Strukturen und mehr Liquidität verfügen. Im Englischen würde man wohl sagen: Too big to fail.

BODYMEDIA: Vielen Dank für das Interview.

(Bildquelle: © Sports Club)

Nachgefragt bei Matthias Bohn, Inhaber MurgPark Fitness & Gesundheit

BODYMEDIA: Gibt es bei euch im Studio eine Art Krisenstab? Falls ja, wer zählt dazu und wie sind die Aufgaben verteilt?

Matthias Bohn: Nein, einen konkreten Krisenstab gibt es nicht. Das würde für mich nur Sinn machen, wenn man auch für jede Krise einen entsprechenden Krisenplan in der Schublade hat, der sofort umgesetzt werden kann. Da Krisen aber sehr vielseitig sein können und dementsprechend auch die Maßnahmen extrem unterschiedlich sein müssen, werden die nötigen Aufgaben dann verteilt, wenn das Szenario bekannt ist.

BODYMEDIA: Welche Fehler sollte man deiner Meinung nach als Unternehmer während einer Krise unbedingt vermeiden?

Matthias Bohn: Wie sich in der letzten und aktuellen Krise – Corona und Energie – gezeigt hat, ist gute Kommunikation einer der entscheidendsten Faktoren. Man sollte es also vermeiden, unüberlegte oder voreilige Informationen zu verbreiten, sowohl im Team als auch an die Mitglieder.

Auch sollte man sich nicht von Emotionen leiten lassen, sondern die Lage sachlich betrachten, sich eine Strategie zur Bewältigung der Situation überlegen und diese auch konsequent verfolgen. Das strahlt Vertrauen und Sicherheit gegenüber den Mitarbeitern und Mitgliedern aus.

BODYMEDIA: Vielen Dank für das Interview.

(Bildquelle: © MurgPark Fitness & Gesundheit)

Nachgefragt bei Aram Zülfikaroglu, Geschäftsführer Effectiv Trainingscenter GmbH

BODYMEDIA: Gibt es bei euch im Studio eine Art Krisenstab? Falls ja, wer zählt dazu und wie sind die Aufgaben verteilt?

Aram Zülfikaroglu: Klar! Wir haben einen Krisenstab, der aus den Bereichsleitern und der Geschäftsführung besteht. Jeder hat bestimmte Aufgaben, um auf Krisen zu reagieren und die Auswirkungen auf das Unternehmen zu minimieren.

Zudem wurden Einzelgespräche mit Trainern und Kunden geführt, um sicherzustellen, dass ihre Bedürfnisse berücksichtigt werden. Zusammen arbeiten wir daran, schnell auf unvorhergesehene Ereignisse zu reagieren und die Geschäftskontinuität aufrechtzuerhalten.

BODYMEDIA: Aufgrund der Energiekrise sahen sich viele Betreiber gezwungen, die Preiserhöhungen an die Mitglieder weiterzugeben. War das auch bei euch der Fall? Wenn ja, wie habt ihr die Preiserhöhungen kommuniziert?

Aram Zülfikaroglu: Ja, aufgrund der Energiekrise haben auch wir unsere Preise um einen Euro pro Woche erhöht. Das wurde unseren Mitgliedern über einen E-Mail-Newsletter und persönliche Gespräche mitgeteilt. Wir haben auch im Voraus die Preise für Neukunden um einen Euro erhöht, bevor wir die Preise für Bestandskunden angepasst haben.

Insgesamt wurde die Preiserhöhung offen und transparent kommuniziert und betont, dass wir als Unternehmen auch von der Energiekrise betroffen sind. Unsere Mitglieder haben
die Erhöhung größtenteils als fair und angemessen empfunden. Fragen und Bedenken von Mitgliedern wurden individuell beantwortet. Dadurch konnten wir das Vertrauen unserer Kunden aufrechterhalten.

BODYMEDIA: Vielen Dank für das Interview.

(Bildquelle: © Effectiv Trainingscenter GmbH)

Nachgefragt bei Ralf Trierweiler, Geschäftsführer juka dojo Fitness Club

BODYMEDIA: Jeder kennt die Aussage, dass jede Krise auch eine Chance ist. Inwiefern trifft das im Speziellen auch auf eure Studios zu?

Ralf Trierweiler: Absolut, ich habe die letzte Krise, nach dem ersten Schrecken und neben dem finanziellen Schaden, als einen Beschleuniger wahrgenommen. Wir mussten das Unternehmen komplett analysieren und fokussiert an Dingen wie z. B. Kostenstruktur, Onlinemarketing und Personalarbeiten. In diesen drei Bereichen sind wir nun deutlich besser aufgestellt als vor der Krise.

Um an den heutigen Stand zu gelangen, hätten wir ohne die Krise Jahre gebraucht, da es vermeintlich wichtigere Dinge gegeben hätte.

BODYMEDIA: Was waren für dich persönlich die größten Herausforderungen, die es im Rahmen der vergangenen und aktuellen Krisen zu bewältigen gab, und wie bist du das angegangen?

Ralf Trierweiler: Ich musste lernen, dass ich als Unternehmer das Spielfeld nicht immer bestimmen kann. Es war ein bedrückendes Gefühl, dass wir in der Coronazeit immer
nur reagieren konnten, eine Planung war nicht wirklich möglich. Wir müssen also immer das Beste aus dem uns gegebenen Spielfeld machen und es für uns positiv gestalten. Ohne dieses Learning aus der Coronazeit hätte mich die Energiekrise wahrscheinlich deutlich mehr geschockt.

BODYMEDIA: Vielen Dank für das Interview.

(Bildquelle: © juka dojo Fitness Club)

Nachgefragt bei Kay Leupold, Inhaber healthybodies – Dein Gesundheitsclub

BODYMEDIA: Was sind aus deiner Sicht die wichtigsten Maßnahmen, die ein Unternehmer ergreifen sollte, um eine Krise erfolgreich zu meistern?

Kay Leupold: Gute Frage. Ich denke, Schnelligkeit ist eine wichtige Maßnahme. Sich schnell den Krisengegebenheiten anpassen zu können, schnell Lösungen finden, um im besten Fall die Krise schnell zu überwinden. In den letzten Jahren haben auch wir in der Fitness- und Gesundheitsbranche erfahren dürfen, dass man unsere Unternehmen von dem einen auf den anderen Tag einfach schließen kann.

Aus diesem Grund sollte sich jeder Fitnessunternehmer dringend Gedanken machen, sein Unternehmen in der Zukunft so aufzustellen, dass er bei eventuell nochmaligen Schließungen mit seinem Unternehmen eben nicht dabei ist. Ziel sollte es sein, dass Studios systemrelevant sind und geöffnet bleiben dürfen.

Sinn macht es aus meiner Sicht, z. B. eine gesetzliche Physiotherapie zu integrieren und, wie es schon einige erfolgreiche Unternehmer gezeigt haben, möglichst das ganze Studio als Physiotherapiepraxis zu zertifizieren.

BODYMEDIA: Was waren für dich persönlich die größten Herausforderungen, die es im Rahmen der vergangenen und aktuellen Krisen zu bewältigen gab, und wie bist du das angegangen?

Kay Leupold: Mit einem starken Mindset hat man schon mal gute Voraussetzungen, die wichtigen und richtigen Dinge zu fokussieren. Zum anderen hat mir persönlich unsere ostdeutsche Fitnessunternehmer-WhatsApp-Gruppe sehr geholfen, motiviert und fokussiert zu bleiben.

Man hatte das Gefühl, das alles nicht allein durchmachen zu müssen. Resilienz ist in Krisen meiner Meinung nach sehr wichtig. Die Situation akzeptieren, lösungsorientiert denken und handeln, optimistisch bleiben und ein Erfolgsnetzwerk haben. So wurden die großen Herausforderungen plötzlich viel kleiner und machbarer.

Sich eine starke Resilienz anzueignen, ist für mich ein wichtiger Aspekt, zukünftige Krisen, die man kommen sieht, oder die, die plötzlich ohne Vorwarnung da sind, entspannter zu bewältigen.

BODYMEDIA: Vielen Dank für das Interview.

(Bildquelle: © healthybodies – Dein Gesundheitsclub)

Nachgefragt bei Sabine Beham, Inhaberin fact SPORTZENTRUM Pocking

BODYMEDIA: Was sind aus deiner Sicht die wichtigsten Maßnahmen, um als Unternehmen eine Krise erfolgreich meistern zu können?

Sabine Beham: Es ist eine Volkskrankheit, dass in einer Krise immer nur die Verschlechterung und nicht die Möglichkeit der Verbesserung gesehen wird. Lähmende Angst ist wenig hilfreich, um einem Zykluswandel die Stirn zu bieten. Mut und ein hohes Maß an Verständnis für das, was man tut und am Ende erreichen will, sind für mich die wichtigsten Grundvoraussetzungen, um sich in einer Zeitenwende auf Veränderungen vorzubereiten. Ich zähle von jeher auf einen hohen Substanzwert – nicht nur, was meine Arbeitsmittel betrifft.

Die Menschen, die meine Ziele vertreten, müssen für das Unternehmen brennen – auch wenn gerade keine Krise ist. Mehr denn je brauchen unsere Kunden einen bequemen Einstieg ins Training. Das Training selbst muss einfach, transparent und effizient sein.

Wir müssen Krisen nicht mit unserem Überleben bezahlen, wenn wir Teil des unvermeidbaren Wandels bleiben! Man kann eine Krise auch einfach als produktiven Zustand schätzen lernen – als Unternehmer muss man ihr nur den Beigeschmack einer Katastrophe nehmen.

BODYMEDIA: Jeder kennt die Aussage, dass jede Krise auch eine Chance ist. Inwiefern trifft das im Speziellen auch auf euer Studio zu?

Sabine Beham: Die staatlich auferlegte Schließzeit und die allgegenwärtige Energiekrise waren eine gute Chance, unser Unternehmen kritisch zu betrachten – seine Struktur, die Abläufe und vor allem die Hardware.

Mit den Mitteln, mit denen wir vor der Pandemie die Menschen zum Training motiviert haben, wären wir nach der Pandemie vermutlich gescheitert. Die Gesundheitskrise hat die Menschen in die Knie gezwungen und hat uns zum Umdenken motiviert.

Wir haben uns neu erfunden und wie Helden positioniert, was uns zwar nicht unsterblich, aber zumindest unverzichtbar macht. Der Erfolg und der ungebremste Zulauf geben uns recht.

BODYMEDIA: Vielen Dank für das Interview.

(Bildquelle: © fact SPORTZENTRUM Pocking)

Nachgefragt bei Jeanine Minaty, Director Corporate Communications International RSG Group

BODYMEDIA: Was waren für die RSG Group die größten Herausforderungen, die es im Rahmen der vergangenen und aktuellen Krisen zu bewältigen gab, und wie wurde das im Detail angegangen?

Jeanine Minaty: Die Nachricht vom plötzlichen Tod unseres Gründers, Inhabers und CEOs Rainer Schaller im Oktober 2022 war definitiv eine der größten Herausforderungen, die wir je bewältigen mussten. In den ersten Wochen lag der Fokus darauf, neben der gemeinsamen Trauer das Tagesgeschäft weiterzuführen und Sicherheit für die Mitarbeitenden und Partner zu schaffen.

Davor haben uns der Ausbruch der Coronapandemie im Jahr 2020 und die damit einhergehenden, temporären Schließungen von Fitnessstudios vor große Herausforderungen gestellt. Als eine der ersten Maßnahmen haben wir allen Mitarbeitenden eine Jobgarantie ausgesprochen sowie eine Soforthilfe eingerichtet, um diejenigen zu unterstützen, die durch die Kurzarbeit vor existenziellen Nöten standen.

Daneben haben wir mit unserer Marke McFIT über mehrere Monate hinweg einen zehnstündigen Live-Stream unter dem Motto „THE BIG PUMP“ produziert und uns dazu entschlossen, allen Menschen weltweit unsere Online-Fitnessplattform CYBEROBICS für die Zeit der Studioschließungen kostenlos zur Verfügung zu stellen.

Bei beiden Herausforderungen war eine intensive interne wie auch externe Kommunikation unerlässlich.

BODYMEDIA: Vielen Dank für das Interview.

(Bildquelle: © International RSG Group)

Bildquelle Header: © Vitalii Vodolazskyi - stock.adobe.com

Der Autor

  • Constantin Wilser

    Constantin Wilser ist seit 2006 in der Fitnessbranche als Redakteur tätig. Davor absolvierte er sein Bachelor-Studium der Sportwissenschaften am KIT in Karlsruhe. Seit 2019 ist er Bestandteil des BODYMEDIA-Redaktionsteams. Seit Anfang 2023 ist er Chefredakteur. In seiner Freizeit trainiert der Fußball-Fan gerne im Studio, geht laufen oder fiebert im Fußball-Stadion mit.

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