Integration statt ausgrenzen. Ein Motto, das der St. Töniser Fitnessclub "Atrium" in die Praxis umsetzte und dabei einer Gruppe geistig behinderter Menschen die Möglichkeit bot, in einem schnupperkurs das Angebot kennen zu lernen, schreibt die rp-online in ihrer Ausgabe von Dienstag. Und weiter:
<<Ein wenig Muskelkater hatten Christian, Schimondi oder Jan schon. Soeben hatten sie im St. Töniser Fitness-Center "Atrium" bei einem zweistündigen Schnupperkursus etwas über die Kampfkunst erfahren und erste Techniken kennengelernt. Für viele Bewohner der Behindertenwohngruppe war es der erste Besuch in einem Fitnessstudio. Im St. Töniser "Atrium" konnten sie in einem Schnupperkursus das Angebot kennenlernen. RP-Foto: Stefan Finger
Für viele Bewohner der Behindertenwohngruppe war es der erste Besuch in einem Fitnessstudio. Im St. Töniser "Atrium" konnten sie in einem Schnupperkursus das Angebot kennenlernen. RP-Foto: Stefan Finger
Für einige der jungen Menschen, die alle geistig behindert und aufgrund ihres Handicaps verhaltensauffällig sind, war es der erste Besuch in einem Fitness-Center. "Ich komme wieder", hatte es vor allem Uli (55) Spaß gemacht.
"Die Jungs werden mich bestimmt morgen wegen des Muskelkaters verfluchen", sagte am Rande des Geschehens Claudia Cameli. Die 43-Jährige ist Mitarbeiterin des Landschaftsverbandes Rheinland und leitet eine zwölfköpfige männliche Wohngruppe von Behinderten, die seit langem an der Berliner Straße besteht: "Wir suchen ständig nach Möglichkeiten, wie unsere 21 bis 55 Jahre alten Bewohner ihre Freizeit verbringen können." Und da sie seit etwa fünf Jahren selbst das Fitnesscenter am Tempelsweg besucht, fragte sie ihre Freundin und Geschäftsführerin des Studios, Nicole Derks (35). Der Schnupperkursus war daher schnell gebucht.
Kick-Boxen, das Murat Yilmaz ihnen in den Anfängen beibrachte, war natürlich der Renner. Aber es ging beim Shaolin-Karate, demonstriert von Markus Mionskowski, auch um Selbstdisziplin, um die richtigen Atemtechniken und um das Kennenlernen des eigenen Körpers: "Jetzt versuchen wir einmal, schnell aus der Sitzposition aufzustehen" – bei der Aufforderung und den Anleitungen des Trainers gelang dies schon erstaunlich schnell. Hinterher ging es bei den Dehnübungen der "Atrium"-Physio-Therapeutin Astrid Schuchmann etwas ruhiger zu.
Willkommene Abwechslung
Für die Bewohner der Wohngruppe war das Training eine willkommene Abwechslung vom Alltag. Sie arbeiten entweder im Heilpädagogischen Zentrum (HPZ) oder in den "Impuls"-Werkstätten und erhalten dafür ein monatliches Entgelt bis zu 110 Euro. Außerdem gibt der Landschaftsverband ein Taschengeld von monatlich 88 Euro hinzu. Henrik (22) war schon einige Male im "Atrium". "Andere gehen in ihrer Freizeit gerne ins Kino", erzählt die Leiterin der Wohngruppe.
"Viele unserer Bewohner trauen sich aber nicht, jemanden anzusprechen und so den Kontakt mit anderen aufzunehmen", sagt Cameli und wünscht sich mehr ehrenamtliche Helfer, die die Bewohner in ihrer Freizeit begleiten, ihnen vielleicht dadurch die Tür zu sportlichen, bildenden oder geselligen Aktivitäten öffnen. Sie erinnerte sich gerne an eine Info-Veranstaltung vor einigen Monaten, als den Bewohnern vor der Landtagswahl die Programme der Parteien und das Wahlverfahren in einfacher Form erklärt worden war.